Film

TransAsia Express
von Manuel Uebersax, Özay Sahin
CH 2008 | 78 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 32
05.11.2008

Diskussion
Podium: Özay Sahin, Manuel Uebersax
Moderation: Werner Dütsch
Protokoll: Roman Fasching

Synopse

Ein Road Movie  auf Schienen. Der Musiker Hemo macht sich von Istanbul auf nach Teheran, um dort sein persisches Saiteninstrument zu reparieren. Eine Collage aus Begegnungen, Musik und einer sich verändernden Landschaft.

Protokoll

Dem leichtfüßigen Film, mit dem alltäglichen Gerede, den kleinen Dingen, die man auf Reisen erlebt, widmet sich die erste Etappe der Diskussion, mit den kleinen Weisheiten der Türken, der Iraner, ein bisschen Handel, es geht auch um das Kopftuch, ein hin und her, und alles eigentlich nicht so wichtig. Es gibt keinen einzigen Zwischenschnitt, ein lebendiger, leichtfüßiger Ablauf, der alles Ernste im Hintergrund aber trotzdem nicht auslässt, der ein leichter Film ist, der den Horizont eröffnet, wo auch das Politische dennoch nicht ausgespart wird.

Die Filmemacher wollten bewusst keine Reportage machen, sie hätten auch nicht die Mittel dazu gehabt, und interessierten sich anfangs demnach nur für die Eisenbahn und die Passagiere. Deswegen haben sie beim Filmen bewusst nur nach Details und kleinen Begegnungen gesucht. Für viele Türken, so Uebersax, der im Iran studierte, ist der Iran sehr weit weg. Obwohl sie kein Visum brauchen, wollen sie dort einfach nicht hin, ergänzte Özay. Den türkischen Musiker, der wegen seines iranischen Instruments nach Teheran fuhr, haben sie erst im Laufe der Entwicklung und Vorbereitung kontaktiert.

Die Kleinigkeiten, die bei der Reise zur Hauptsache werden, zum Beispiel der Verkäufer auf der Fähre, das Paar im Zug, der Junge am Markt, der photographiert werden will. Wo diese Dinge zum Moment der Reise werden, da geht es um Kleinigkeiten, die verweht werden, die den Charme des Films ausmachen, wo auch jeder jedem alles erklären kann.

Manuel Uebersax bestätigt den Eindruck aus dem Publikum, dass die Rückfahrt eher zäh war. Im Film weicht der Reichtum an Details von der Hinfahrt der Erschöpfung auf der Rückfahrt. Nach einer Stunde ist man in Teheran, die letzte Viertelstunde des Films, die Rückreise, kommt einem wieder wie eine Stunde vor.

Ein Diskutant vermisst ein Interesse des Filmes an bestimmten, ihm wohl bekannten, Dingen in Teheran, ein anderer fragt nach dem Grund, warum man genau diese Strecke ausgewählt hat. Uebersax, dessen Flugangst von seiner Kollegin geoutet wird, kennt die Strecke, ist sie schon öfters gefahren. In Teheran hatte das Team für die fünf Tage Aufenthalt keine offizielle Drehgenehmigung, entsprechend wenig Material davon gibt es im Film zu sehen. Aber in TransAsia Express geht es nicht um den Iran – statt Teheran könnte auch Damaskus das Ziel sein – sondern um die Reise im Zug. Die Philosophie, so Özay, wollten sie dabei in den Liedtexten belassen, und nicht extra mit den Menschen im Zug darüber reden.

Das ungleiche Team wechselte sich mit der Kameraarbeit und den Gesprächen ab, je nachdem ob Özay auf Türkisch oder Uebersax auf Persisch mit den Menschen gesprochen hat. Özay empfand dabei die Iraner im Umgang mit Frauen freundlicher als die Türken. Der Regisseur gesteht eine leichte Provokation zum Gespräch mit fremden Leuten ein. Natürlich waren sie als ungleiches Paar auffällig, auch durch den Musiker und den Globus. Teilweise sind dadurch Leute auf sie zugekommen, um mit ihnen zu reden. Von Anfang an geplant war aber nur, dass man Personal aus dem Zug im Film hat, ansonsten wurden die Menschen gefilmt, die man einfach kennen lernte.

Man lacht ja auch über das Geplauder, das man mit Leuten so auf Reisen führt. Denn die Sprache und die unterschiedlichen Sprachen sind wichtig, und so kommen auch die teilweise absurden Fragen und Dialoge zustande. Doch dann gibt es im Film auch plötzlich ernste Themen, wie das Treffen mit dem Bahá’í.

Das Publikum, anscheinend alles treue Bahncard-BesitzerInnen, lobte den Film, seine Beschreibungen der zufälligen Zugbekanntschaften, des Dahinplätscherns beim Zugreisen. Auch die von Uebersax verneinte Frage, ob es Konzept war, dass man als Zuschauer in die vom Bahnfahren bekannte Müdigkeit hineinfalle, war durchaus freundlich gemeint.

Das Zugticket Istanbul – Teheran kostet, laut Manuel Uebersax, 50 Euro.