Film

Dunkler Lippenstift macht seriöser
von Katrin Rothe
DE 2003 | 58 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 27
08.11.2003

Diskussion
Podium: Katrin Rothe
Moderation: Gudrun Sommer
Protokoll: Aycha Riffi

Protokoll

„Dunkler Lippenstift macht seriöser“ ist neben „Call me Babylon“ der zweite Film aus der Reihe des Kleinen Fernsehspiels „Absolute Beginner – Der erste Job“, der während der Filmwoche lief.

Hochschulabsolventen wurden gesucht – per Anzeige – die „wirklich arbeiten wollten“ und nicht nur eine Übergangslösung suchen. Auch Absolventen, die sich bereits über einen längeren Zeitraum bewerben, schienen nicht geeignet: „da schwang schon Traurigkeit mit“, so die Regisseurin.

Katrin Rothe wollte ‚neue Bewerber’, auch wenn diese dann sofort einen Job gefunden hätten. Ebenfalls unbedeutend für ihr Casting war die Frage, ob sich die Bewerberinnen gut für eine Cartoon-Abbildung eignen: „Ich dachte, das kriegen wir schon hin.“ Bei einem gemeinsamen Abendessen wurden Silke und Anne den Animatoren vorgestellt und von ihnen „begutachtet“.

Warum sich Rothe genau für diese beiden Protagonistinnen entschied, ließ sie aber leider unbeantwortet.

Trickfilm / Cartoon

Der Trickfilm bekommt innerhalb des dokumentarischen Genres eine neue Tiefe, jenseits der typischen Trickfilmerwartungen (Blut, Sex oder Kinderthemen). Die vermeintlichen Gegensätze ‚Realität’ und ‚Animation’ steigern sich gegenseitig, so Rothe.

Da das echte Bewerbungsgespräch nicht gestört werden sollte, war von Anfang an klar, dass sie währenddessen nicht filmen würden. Die Bewerbungsgespräche wurden direkt im Anschluss von den Protagonistinnen nacherzählt und dann transkribiert. (Von zwei Bewerbungsgesprächen gab es Tonaufnahmen.) Für die Regisseurin war dieser erste direkte Moment der Befragung auch der ehrlichste. Diese Nacherzählungen waren die Grundlage für die Cartoons. Auch die Befrager und die Räume wurden nach den Beschreibungen der beiden Protagonistinnen gezeichnet.

Bewerbungen und Beratungen

Ausgehend von der Grundidee einen „Ratgeber über erfolgreiches Bewerben“ zu drehen und den Erfahrungen einer Freundin, die fünf Monate lang auf Jobsuche war – aus dieser Zeit stammt auch der Titel – entstand der Film. Vier Monate wurden die Bemühungen von Anne und Silke, einen Job zu finden, gefilmt. Auch inspiriert durch Doku-Soaps (Mitgehen, immer dabeisein, nah-dran-sein) folgte das Filmteam den Beiden, um die entscheidenden Situationen (Telefonanrufe, Antwortschreiben) auch nicht zu verpassen.. Die in dieser Zeit stattgefundenen Bewerbungsgespräche sind auch alle im Film enthalten.

Die Unsicherheit der Protagonisten wird im Film dokumentiert. Fragen werden von ihnen gestellt: ‚Würdet ihr das so machen?’. Fragen, die sich an den Zuschauer richten, aber in erster Linie doch an das Filmteam selbst. Katrin Rothe erzählt, dass sie Silke auch mal „gecoacht“ haben und auf Fragen immer ehrlich die Meinung sagten. „Schwierig“ wurde es dadurch. Darauf bezogen, eine Reaktion aus dem Publikum, dass es ehrlicher gewesen wäre, wenn das Team sich als ‚Berater-Team’ auch geoutet hätte.

Top oder Flop?

Silke und Anne machen einiges falsch; Sagt der Film, sagt die Regisseurin, sagt auch der ein oder andere Zuschauer.

„Schön“ findet es Katrin Rothe, wenn Zuschauer, die in ähnlicher Situation sind, durch den Film entdecken, dass sie nicht alleine sind. Lassen sich – so müsste man aber doch fragen – auf die Art der Vorbereitungen und die durch die Cartoons dargestellten Bewerbungsgespräche, Rückschlüsse auf das ‚nicht- genommen-werden’ schließen?

„Beide Frauen sind doch Top“, so eine Diskutantin, da die Zeiten so sind wie sie sind, finden beide keinen Job. Eindeutig ist das Bemühen beider: Seminare wurden besucht („I do it my way“) und Ratgeber studiert. Über die Ratschläge kann man Lachen und hört dann doch auf sie. Ist dies ein „Film über das Scheitern“? Silke und Anne landen trotz des Hochschulabschlusses in schlecht bezahlten Praktika – nach vier Monaten Bewerbungsmarathon!