Film

Auf demselben Planeten
von Katrin-Charlotte Eißing
DE 2002 | 84 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 26
07.11.2002

Diskussion
Podium: Katrin-Charlotte Eißing, Katrin Schlösser (Produktion)
Moderation: Gudrun Sommer
Protokoll: Malte Krückels

Synopse

Jugend und Kindheit in den Siebzigern. Zwischen den Depressionen der Mutter, antiautoritärer Erziehung und den deutschen Gespenstern des Vaters: Vier Kinder und das Schweigen, in das dieser Film eindringt.

Protokoll

Privatgespräche! ‒ Bitte nicht stören!

Die beunruhigende Feststellung: „Familiengeschichte ist immer.“ führte Gudrun Sommer zur Einstiegsfrage nach dem konkreten Anlass für das Filmprojekt.

Es gab wohl keinen: Die Autorin schilderte, dass Arne ja schon lange krank war, dass bestimmte Zustände sich deshalb nicht länger ignorieren ließen, dass sie als Mädchen in der Familie schon immer als Vermittlerin aufgetreten war. Der Film sei ein Aufräumprojekt gewesen, um „Sachen in Stuktur“ zu bringen.

Gudrun Sommers Anschluss zielte auf das Verhältnis von Privatem und Öffentlichem bzw. Zu-Veröffentlichendem: Waren die Grenzen vorher mit den Personen abgesprochen worden? Katrin Eißing sprach, dass es nur abstrakte Vorgaben gegeben habe, erst beim Schnitt sei klar geworden, was geht und was nicht. Und apropos Schnitt: Es seien auch Kinder reingeschnitten worden, weil sie die Zukunft bedeuteten ‒ und einen Kontrast zum sonstigen Grübeln der Personen darstellten. Als die Autorin von archetypischen Kindern sprach, deren Zustand einer sei, in dem sie ohne Angst einfach da seien, beschlich einen der erste Verdacht, dass C.-G.-Jungschen Kategorien hier gern mal esoterisch aufgeladen werden. Gudrun Sommer versuchte es nochmals etwas materialistischer und lobte, dass es durch Kameraposition und Licht (low key) gut gelungen sei, Räume zu schaffen, in denen die Protagonisten gut aufgehoben waren. Etwas unvermittelt diente diese Anmerkung Katrin Eißing für einen ersten Dank an ihr Team, bevor sie sich dann dem Publikum zuwendete, um hier das ein oder andere kurze Privatgespräch zu suchen.

1. Privatgespräch (gute Stimmung)

Thema: Vater konnte nicht mehr zu Wort kommen. Bekam aber einen Platz ‒ er sprach in einem Video aus einer anderen Welt.

2. Privatgespräch (kuschlige Stimmung)

Thema: Doppelfunktion als Autorin und Figur. Katrin Eißing zeigte sich überzeugt, dass es nur ihr möglich gewesen wäre, das notwendige Vertrauensverhältnis aufzubauen. (Eine Sichtweise, die es nicht unbedingt erleichtert, in Zukunft andere Sujets zu bearbeiten.)

3. Privatgespräch (mulmige Stimmung)

Werner Ružička kommentiert die gute Kamera von Susanne Schüle, die es schafft „intuitiv die Autorenintention umzusetzen.“

Hierauf gab’s ein zweites Lob fürs Team.

Exkursversuch:

Die anschließende Frage von Werner Ružička an die Produzentin nach ihrem Interesse an dem Stoff beantwortet Katrin Schlösser mit der Entstehensgeschichte der Produktion: persönliches Kennenlernen der Autorin, ihre guten Fotos, ein kurzer Text über den Bruder Arne, Zusammenarbeit mit Christian Cloos vom Kleinen Fernsehspiel. Und gibt dann noch den pädagogischen Hinweis, das Thema „Verantwortung in der Familie“ sei wichtigst.

4. Privatgespräch (Hey-Du-Stimmung)

Thema: Das Konzept „Generation“ als Instanz der Vermittlung zwischen privat und öffentlich.

Weiterhin: Die Funktion von Outsidern bei der Bestimmung von Normalitätsgrenzen.

5. Privatgespräch (agressive Stimmung ‒ dann: „Wir fliegen hier mit tausend Sachen durchs All“-also-eh‘-nix-zu-machen-Stimmung)

Thema: Welche Folgen zeitigt die Verwechslung von (Krankheits- bzw.. Drogen-)Symptonen seitens der Handelnden für die filmische Darstellung?

Die Filmemacherin charakterisierte (die?) Krankheit als „etwas Ominöses“; als Modell ohne Erkenntnismöglichkeit.

6. Privatgespräch (erst intimistische ‒ dann Was-willst-du-eigentlich-Stimmung)

Thema: Katalysations-Funktion des Filmens für die Gespräche mit den Brüdern und der Mutter.

Die Frage nach der ‚Autoritätsmaschine Kamera‘ wollte nicht recht in ein solches Privatgespräch passen.

7. Privatgespräch (interessierte Stimmung)

Thema: Wieso gibt es kein Aufbegehren dagegen, dass die bürgerliche Familie (tödliche) Opfer erzeugt?

Die Autorin Katrin Eißing behauptete Absicht: Sie wisse nicht, gegen wen sie solches Aufbegehren hätte richten können. Die Opfer müssten anders getragen werden.