Synopse
Grobi ist tot. Das ist der Ausgangspunkt einer filmischen Tagebuchreise, die nach Spuren der imaginären Anwesenheit des verlorenen Freundes sucht. Die Kamera wird zum Ultraschallgerät, das Mikro zum Empfänger von Funksignalen aus dem All. Der Film erbringt den Beweis: Es gibt einen kosmischen Anrufbeantworter, auf dem man Nachrichten hinterlassen kann. So stirbt die Hoffnung nie, daß irgendwann der Rückruf aus dem Jenseits kommt.
Protokoll
Manchmal kann man einfach drauflos quatschen / reden / zeichnen / filmen …
– guten Unsinn mit Bildern machen –
… damit etwas unfertig oder roh aussieht und wirkt.
Und manchmal muss man sehr viel Arbeit investieren.
Wenn man eine Telefonzelle sieht, die in der Nacht blinkt, und der Wackelkontakt dieser Zelle Leben einzuhauchen scheint, und man diese Zelle filmen möchte …
… dann kann es passieren, dass am nächsten Abend, wenn man endlich eine Kamera aufgetrieben hat, mittlerweile ein anderes Lebewesen dieser Zelle das seltsame Blinken schon wieder abgewöhnt hat …
… und wenn man am dritten Abend mit Kamera und zusätzlicher Leuchte daherkommt, die nun dieses Blinken der Telefonzelle „künstlich“ wiederherstellt …
… wenn man also von der ganzen dahintersteckenden Anstrengung nichts sieht & nichts weiß …
… wenn einem im dunklen Kino also eine nächtliche Telefonzelle anblinkt …
… dann kann man den Eindruck haben, diese Zelle stand „einfach so“ in der Gegend herum
und wurde „einfach so“ gefilmt ….
Manchmal kann man gute Ideen spontan umsetzen, einfach die Kamera anschalten und drauflos reden / filmen / leben usw.
Und manchmal montiert man tagelang am Schneidetisch schöne Bildsequenzen,
und irgendwann fallen einem dazu schöne Texte ein,
und Monate später passen dann Bilder & Texte zusammen.
Manchmal muss man ein ganzes Lebens-Jahr investieren, um ins Filmmaterial Unschärfen & Unfertiges reinzukriegen. Andere investieren Lebensjahre, um dieses gefährlich Unfertige (aus ihrem Leben?) rauszuhalten.
Wenn man es schafft, das eine tote Person im Kopf von wildfremden Menschen die Frage erzwingt, ob es diese (tote) Person wirklich gegeben hat bzw. ob diese (tote) Person wirklich tot ist – hat man diese tote Person dann nicht wiederbelebt, im Kopf von wildfremden Menschen, die sich um diesen Toten vorher nie Gedanken gemacht hätten? Vielleicht wäre man auch selbst, ohne solche Arbeit am/zum Tod in depressive Phasen gefallen – und hätte so dem Tod statt dem Leben mehr Platz gegeben.
Formal ähneln sich der (vorjährige) November- und (diesjährige) Dezember-Film in ihrer 3- minütigen-Film-Rollen-Struktur. Der eigentliche Anlass, die „Vorgabe“, war beim Dezember-Film aber eine gänzlich andere: Der Tod (eines Freundes) und die (persönliche) Verarbeitung des Todes – ein „schwieriges Thema“, das im normalen Kino-Alltag viele Zuschauer davon abhält, in seinen Film zu gehen, erzählt Jan Peters – dabei sprudelt der Film vor Heiterkeit und die Dreharbeiten haben Spass gemacht.
Eine unglaublich elegante Art, das Tabuthema Tod zu behandeln, meint jemand: In kurzen Momenten die Trauer zeigen & ansonsten nach dem schönen Unsinn des Lebens suchen.
Filmrollen-Enden, die Bilder aus dem weissen Nichts auf- & wieder wegtauchen lassen – abrupt, unvorhersehbar und völlig ohne Sinn. Manchmal zu früh endend, manchmal zu spät, jedenfalls immer zur Unzeit. Und: „Möglichst viel sprechen, bevor etwas zu Ende geht, bevor einen der Tod ereilt. Die Zeit läuft einem sowieso davon.“
Das Ende des Films ist überraschend: „komponiert“, durchdacht, geplant. Jan Peters wollte einen „richtigen“ Filmschluss haben. Der Film sollte zu Ende sein, das Leben beginnen.
Es kann jetzt weitergehen, im Leben.
Wenn man ganz viel quatscht, oder anderen ganz viel mitteilt …
Viele Sätze hintereinander haben weniger Bedeutung als ein einziger, der absolut stimmen muss.
… kann man sich hinter dieser ganzen Bedeutung auch ganz gut verstecken…
Gibt es in der Welt aussen etwas, dass sich diesem Sprechen widersetzen könnte?
… oder jedenfalls weiss der andere dann auch um die ganze Komplexheit des Lebens.
Die Balance zwischen einzelnen Sätzen führt in ein offenes System.
Manche hatten Schwierigkeiten, dem Film durchgehend zu folgen, sowohl auf der Ton- als auch auf der Bild-Ebene: „Ich mag den Film, aber nur 4-Tage-weise“. Oder: Text als Overkill.
Jan Peters wünscht sich eigentlich die permante Aufmerksamkeit des Zuschauers, weiss aber auch um die Unmöglickeit des Absolut-verstanden-Werdens: „Das kann ich von keinem Zuschauer verlangen“. Er sieht selbst gern Experimentalfilme, bei denen er im Kino mal eine zeitlang aussteigen kann: Keine Kontrolle mehr über die eigenen Gedanken haben.
Die „Multi-Autorenschaft“ um das Hamburger Abbildungszentrum: Hat Jan Peters dort Aufträge für die kurzen „Fremdfilme“ vergeben? Nein, diese kurzen fremden Filmeinschübe sind auch keine Rollen, die irgendwann fertig im Briefkasten lagen. Diese fremden Filme im Film sind am Schneidetisch aus Materialsammlungen anderer Leute entstanden.
Eine Bilder-, Ton- & Theorie-Produktion, die irgendwo über dem Nichts schwebt. Oder im Nichts schwebt. Nicht fassbar, jedenfalls: Es ist es das Nichts, das uns in diesem Film begegnet. Delphine, die aus dem blauen Nichts auftauchen und immer mal wieder vor einem herschwimmen (werden). Oder so was wie die Frage nach dem Sinn des Lebens.
Wenn ihm jemand diesen Sinn erklären kann, wird Jan Peters in Zukunft schweigen.