Film

Montag in fünf Tagen
von Florian Hoffmeister
DE 1998 | 52 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 22
1998

Diskussion
Podium: ?
Moderation: ?
Protokoll: Hilde Hoffmann

Protokoll

Die einleitenden Worte Werner Schweizers, heute sei schon viel diskutiert worden, man sei vielleicht der Meinungsverschiedenheiten müde, waren eine Fehleinschätzung.

Florian Hoffmeister beschrieb die von ihm vorgefundene Situation in der VEB Hutwerke Guben als eine widersprüchliche Situation. “Der Betriebsleiter verrät einem Kunden am Telefon, es hätte schon keinen Sinn mehr zu kommen, während die Angestellten in den unteren Geschossen gleichmütig arbeiten”.

Der Autor berichtete von einem, seit September 1996 bis zur endlichen Schließung im April 1998, jeden Monat wiederkehrenden Ritual. “Jeden Monatsersten kursieren vier bis fünf verschiedene Versionen von Neuigkeiten” über Gehaltsauszahlungen, die zu Fuß als stille Post von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz durch die extremen Distanzen der Hallen getragen werden.

Die tägliche Widerholung findet ihre Parallele im Wetterbericht aus dem Off. Montag in fünf Tagen “macht die absolute Schicksalsergebenheit der Leute klar”. Die Bilder des Films entfalten eine ungekannte Trägheit, die Hitze und Dampfigkeit der Arbeitshallen wird für eine Diskutierende spürbar.

Da der Film tagebuchartig aufgezogen sei, fühlte sich Georg M. Hafner, beim Auftauchen der gleichen Bilder vom Frühstück der Arbeiter an unterschiedlichen Stellen, unwohl. “Ich fühle mich verarscht”. Die Entgegnung Hoffmeisters, sie säßen jeden Tag so da; er “wollte das Immerwiederkehrende zeigen” und habe “sich für diese Tagesabläufe entschieden”, schien nicht ausreichend, denn auch Schapira forderte: “Wenn ich eine Chronologie vorgebe, z.B. durch den täglichen Wetterbericht usw. muß man sich darauf verlassen. Sonst leidet die Glaubwürdigkeit. Wenn ich dem hier nicht trauen kann, wo sonst”?

Eine Stimme aus dem Publikum erklärt: “Die Serialität der Produktion wiederholt sich in der Serialität der Realität. Eine Serialität der Vertröstung. “Es geht von jedem Montag bis jeden Freitag”.

Ein anderer Herr aus dem Publikum war zeigte beglückt, daß keine seiner Erwartungen in Zusammenhang mit den einst so bekannten Gubener Hüten erfüllt wurden (“Boys trug nur Gubener Hüte, auch denke ich an New York, etc.). Dann formuliert sich eine Kritik. Mehr Authentizität des Gefühls wollte man erleben: “Die Leute reagieren gelassen. Warum haben sie Dich (der Filmemacher ist hier gemeint) nicht weiter interessiert? Wo ist die Verzweiflung? Der Moderator versuchte dagegenzuhalten, daß es nicht darum gehe, über Filme zu sprechen, die man selber gerne gemacht hätte.

Und der Orkan der Kritik beginnt wieder zu toben: “Von Arbeit und Personen wird nichts gezeigt. Luschenhaft. Ich bin total sauer. Wennʼs auf der Leinwand nicht klappt, dann hilft Musik. Eine Zumutung”. Und auch Schapira geht noch einmal ins Detail: “Ich finde der Film ist nicht gelungen. Die Chiffren sind platt. Agitprop in kitschigster Form. Klaviermusik und Regen, das billigste aus der Trickkiste, um Emotionen zu zeigen. In Trivialromanen heißt das dann: ʻSie hatte ein tiefes Gefühlʼ, aber das Gefühl wird nicht erklärt”.

Ruzickas Empfehlung, diejenigen, die wissen wollen wie Hüte gemacht werden, sollten doch die Sendung mit der Maus befragen, schaffte ein kurze Pause, in der von dem Tempo der langsamen Annäherung, der gelungenen Verkürzung auf Symbole, der Struktur der Ruhe und der offenen Dramarturgie, “die nichts verspricht”, gesprochen werden konnte.

Am Ende der Diskussion fand der Autor “die rhetorische Kraft der Kritik beeindruckend”. “Ansonsten werde ich meine aber Filme wieder so machen, und Sie werden meine Filme wieder beschissen finden”.

Wenn Hoffmeister erzählt, daß er eine kleine in sich abgeschlossene Welt zeigen wollte, werden die Forderungen nach eigenen Filmen in den Köpfen der Diskutanten unverständlich. Das Gewahr-Werden der Hermetik der Situation, die empfundene Unmöglichkeit der Einflußnahme der Arbeiter läßt beim Zuschauer eine andere Form der Empörung und der politischen Motivation entstehen als im politischen Dokumentarfilm oft evoziert wird.

Vielleicht ist die aufgebrachte Stimmung des Publikums mit der Bestürzung über den Verlust einer kämpferischen Arbeiterschaft zu begründen? Vielleicht hat die Verunsicherung über die andere Form die Diskussion beeinträchtigt? Vielleicht konnte die erhitzte Debatte aufzeigen, daß andere Formen und Sprachen im politischen Dokumentarfilm entstehen – und 20 Jahre Altersunterschied schon einen Generationenkonflikt ausmachen können.