Film

L’amour fou
von Martina Kudlácek
AR/CZ 1995 | 50 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 20
07.11.1996

Diskussion
Podium: Martina Kudlácek
Moderation: Sabine Fröhlich
Protokoll: Torsten Alisch

Protokoll

Ein Zusammenspiel von Bildern, Tönen und Geräuschen: Die Darstellung Dr. Ludvík Svábs nicht als „illustriertes Künstlerportät“, sondern als lebendes Gesamtkunstwerk – und auch der Surrealismus nicht als Kunstform, sondern als Lebensweise. In seinem Raum treffen sich die tschechischen Surrealisten: Individuen, die sich anziehen, aber doch als Individuen (weiter)existieren.

L’Amour Fou öffnet der Welt das Wirken und Werk Dr. Svábs, einem Besucher gleich sehen und erfahren wir ihn als „Amateur“ und „Forscher“, wir gehen mit ihm auf eine Reise durch Entdeckungen und Erprobungen … und dennoch bleibt so vieles zu entdecken und auszuprobieren, so vieles, was man (selbst) noch vorhat im Leben. Die fragmentarische Art des Films läßt Welten aneinanderstoßen und gleichzeitig offenbleiben für Entwicklungen: Die Weit des Un(ter)bewußten und des Traums, ein Reisefilm in nicht-bewußte Schichten und emotionale Räume, ein Stimmungs-Bilder-Teppich.

Dietrich Leders Beschreibung vom „Bastel-Diskurs der Wasserbilder“ meint den großen wunderbaren Bastler Dr. Sváb, der durch die Qualitat der Kunst des Dargestellten, durch Ausprobieren & Variieren, durch Doppel- & Dreifachbelichtungen, eine andere Form des Eintauchens in sein Werk ermöglicht.

Martina Kudlácek erzählt vom Überraschungsmoment der Türklingel, die es in Prag jahrzehntelang nicht gab, und auch, daß dieser Film in Prag ganz anders aufgenommen wurde: weil er diese untergehende Welt (vielleicht für ein letztes Mal?) festzuhalten scheint. Altes Film-Material Dr. Svábs, das lange in Schränken gelegen hat, wird von ihm selbst in alte Projektoren eingelegt, Stück für Stück öffnet er sein Archiv – und immer wieder das Element des Wassers (Teich, Schwimmbad, Badezimmer). Sein Interesse an nataler und pränataler Psychologie scheint durch diese Bilder. Einzig die Hochglanz-Unterwasser-Szenen, von Martina Kudlácek selbst gefilmt und in den Film montiert, wirken „zu deutlich“: Das Schweben und das Unbestimmte, das diese Bilder symbolisieren sollen, wirke zu „aufgesetzt“. Auf die Frage nach den Frauen in seinem Leben erzählt Martina Kudlácek von seinen Vergleichen mit Harvey Keitel: Sváb glaubt, er hätte etwas „zu früh gelebt“ – aber als „weltoffener, toleranter und verliebter Mensch“, im wahrsten Sinne des Wortes ein AMATEUR. Vieles im Film ist improvisiert oder zufällig gefunden, die Regengüsse Ende Mai, die Pfützen auf den Straßen, die Wassertropfen auf den Blättern – flüchtige Momente, die nicht geplant waren: Vieles verändert sich im Leben sehr schnell. Aber auch: je mehr man sich vorbereitet, desto eher kann man den Zufall zulassen.