Film

The Final Kick
von Andreas Rogenhagen
DE/ES 1994 | 56 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 18
12.11.1994

Diskussion
Podium: Andreas Rogenhagen, Carl-Ludwig Rettinger (Produktion), Peter Nadermann (Produktion)
Moderation: Klaus Kreimeier
Protokoll: Torsten Alisch

Protokoll

Klaus Kreimeier beschrieb diesen Film als die Verbildlichung von Mcluhans Vision vom Raumschiff Erde, wo die Besatzung im global village vor dem Fernseher sitzt und per Fernbedienung durch die Welt reisen kann, für C.L Rettinger war es ein media happening, das erst durch den europäischen Kulturkanal arte ermöglicht wurde: Regisseur Rogenhagen hatte die Filmemacher per Rundbrief via Goethe-Institute und deutsche Botschaften erreicht, hinzu kamen „viele etablierte Kontakte“ der Produzenten Rettinger und Nadermann, die die Dreharbeiten so zum Großteil durch „pre-sale“ in den einzelnen Ländern finanzieren konnten. Es folgten weitere Erläuterungen zu logistischen Voraussetzungen und konkreter Entstehung des Videos, von dem zuerst eine 45-Minuten-Fasssung für den Sportspiegel ersteift wurde, und kurze Zeit später diese 56-minütige Fassung.

Werner Ruzicka kam zu inhaltlichen Aspekten: Der Film zeigt weltumspannende Rituale, ein wirklich imaginäres Dorf, wo sich Menschen in den Grundsituationen von Trauer & Glück ähnlich verhalten (eine interessante Analogie zum vorangegangenen Vortrag von Friedrich Kittler, dessen Thesen von Ähnlichkeit und Gleichheit auf diesen Film angewendet werden könnten). Menschen, die Fußball nich! verstehen bzw. nicht selbst an diesem Ritual partizipieren, müssen den Film mögen. Überraschend sei, wieviele Klischees hier bestätigt werden, daß Menschen in Finnland mit einer Mischung aus Fanta & Wodka ihre Wohnung demolieren oder in Südamerika eben Cola-Blätter zum feierlichen Ritual gekaut werden. Oieses Video funktioniert international, sprachliche Erläuterungen sind nicht notwendig.

Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit im global viilege steht (natürlich) der Fernsehschirm, aber auch ein leader in fast jeder Gruppe, ein leader, der den Stimmungspegel bestimmt und der von seinen Mitkuckern respektiert wird: Das Führerprinzip des Spieles setzt sich so in seinen folgsamen Zuschauern fort. Diese leader wurden von Regisseur & Produzententeam bewußt eingebaut, damit jedes land durch den Wie· dererkennungseffekt dieser Personen sofort typisiert und erkannt werde.

Die Ermordung des kolumbianischen Spielers Escobor, der durch ein Eigentor seine Mannschaft aus dem Wettbewerb geschossen hatte, ist eigentlich „ein Regelverstoß in diesem Film“ (Rettinger), weil er thematisch herausfällt. Der kolumbianische Filmemacher hatte aber sehr viel Material dazu gedreht, und Regisseur Rogenhagen, der diese Thematik erst nicht aufgreifen wollte, mußte einsehen, daß „man bei einem Weltfilm auch Verantwortung gegenüber seinen Kollegen hat, die das Material liefern“. Jemand bemerkte noch, daß Escobar auch deswegen erschossen wurde, weil das Eigentor in den Medien aufgebauscht und „hochgekitzelt“ wurde: Fußballmord als „Final Kick“ im global village.