Film

Fünf Moskauer Musikanten
von Calle Overweg
DE 1994 | 45 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 18
10.11.1994

Diskussion
Podium: Carl Overweg
Moderation: Werner Schweizer
Protokoll: Antje Ehmann

Protokoll

Vorweg eine Zusammenfassung der Diskussion in ungenauem Wortlaut:

EIN WORT. SCHWEIGEN. SCHWEIGEN. EIN WORT. SCHWEIGEN. EIN SATZ. SCHWEIGEN. SCHWEIGEN. SCHWEIGEN. WORT + WORT. SCHWEIGEN. EIN SATZ + NOCH EINER. SCHWEIGEN. SCHWEIGEN. WORTWECHSEL. SCHWEIGEN. ODER: Der Film war gut. Was soll man da noch sagen? War ja auch über Musik. Oder nicht? Moskau. Ein vollständiger Eindruck. War gut!

Nun denn, ein bisschen geplauscht wurde sehrwohl:

Swiss: „Der Film war menschlich, warm, eindrücklich.“ Zu Overbeck: „Willst du was zu dem Film sagen?“ Overbeck erzählt die Vorgeschichte: Er war vier Monate als Austauschstudent in Moskau, die ersten Tage im Zustand des Herumstreunens, auf der Suche nach einem Filmthema. Bis zu Tränen gerührt vom Anblick des Blinden-Ensembles, schoß ihm das Gefühl durch die Brust, darüber keinen Film zu machen. So ist es dann zu dem Film gekommen.

SCHWEIGEN. SCHWEIGEN. SCHWEIGEN. EIN WORT. SCHWEIGEN. FRAGE: „Wie haben die Musikanten auf das Filmprojekt reagiert?“ ANTWORT: Teils-teils. Angefangen von blockender Skepsis des Ziehharmonikerspielers mit dem Gesicht eines weichen Steins, über ein verhaltenes Geschehenlassen der anderen drei Musikanten bis zu extremer Offenheit Wolodjas, des Hobbyfotografen mit 8% Sehkraft, der auch gerne die Kamera übernommen hätte, hat man sich Alles in Allem einen Werbeeffekt erhofft.

PAUSE.

Noch eine Frage: „Ja, die Rolle des Witzes. Wie ist die? Der hat das Elend ein bißchen aufgelockert. Nein falsch. Der hat das Elend aufgebrochen. Die Witze waren gezielt eingesetzt, oder?“ Overbeck: Ich fand es schwierig, die fünf Leute vorzustellen. Auch den Kontrast zur Stadt. Ich wollte auch das Stadtbild zeigen. Von daher habe ich mit den Witzen begonnen, die das vereint zeigen können.

PAUSE. Ein enthusiasmierter Zuschauer: „Ich kann hier nur ein Kompliment vorbringen.“ Der Film war ein Film über das Leben + Sterben ohne Larmoyanz. Ein Film mit Seele. Diese Haltung mal in unseren wohlsituierten Alltag zu transferieren, würde er sich wünschen. „Vielen Dank.“

Swiss: „Ich habe jetzt Mühe, hier ein Problem herauszubekommen. Der Film hat ja eine Leichtigkeit, die die Bitterness dennoch spüren läßt.“ PAUSE. KURZ.

Eine filmemachende Zuschauerin wollte etwas aus dieser Perspektive sagen. Fand den Anfang und das Ende des Films nicht so gelungen. Konnte das nicht weiter erklären. Der gedichtartige Anfangstext, von Overbeck selbst verfasst, gefiel ihr.

Ein anderer fand die letzten drei Einstellungen am schönsten. PLÖP. Warum? Naja! STOCK. STOCK. Dann zeigte sich doch noch jemand ganz ein bißchen irritiert. Ob denn die Fernsehbilder des Films, die bekannten Aufnahmen jener armen Leute mit ihren zum Verkauf feilgebotenen drei Bananen vor der Nase unbedingt hineingehört hätten. Die Leute würden sich doch schämen. Das sei wirklich Voyeurismus. Overbeck äußerte ein dezidiertes Dennoch. Die Szenen gehören in den Film, da sie das bestimmende Bild Moskaus zeigen. SCHWEIGEN. SCHWEIGEN.

Ein Zuschauer fand den Film insofern erhellend, weil er die Rolle von Kunst im Elend klar mache. Auf eine eingehendere Verhältnisbestimmung dieses Sachverhalts wurde verzichtet.

Ein Zuschauer meldet sich zu Wort: Er meint die Töne der Musikanten als ‚Kunst‘ gleich, was ihm die Schlußfolgerung erlaubte, hier handle es sich um „mehr Kunst“ als etwa „esoterische West-Performance-Aufführungen“. Aus der Ecke des Vorsprechers war ein Grummeln zu vernehmen. GRUMMEL. GRUMMEL.

Swiss zu Overbeck: „Willst du noch was sagen? Hm?“ „Ja, mmm, vielleicht zum Technischen Aspekt.“ Es sei ihm, was dem Film erschwerend beeinflußte, unmöglich gewesen die Muster vor Ort einzusehen. Der einzige hierfür zuständige Mechaniker in Moskau sei immer besoffen gewesen. Erst in Berlin habe er sich an die Arbeit machen können.

Swiss: „Weil jetzt keine Fragen mehr da sind, lassen wir es besser.“

P.S. Was kann schöner sein auf Erden, als zur Protokollantin einer nicht stattgehabten Diskussion eines guten Films zu werden?