Protokoll
Neuerdings: BLÄTIER ZUM REDEN, für die, die das noch nicht wußten:… und unter weitestgehendem Verzicht auf Fremdwörter… und ohne (in diesem Falle sowieso nicht nötigen) Pointierungen… für die, die es langweilig lieber mögen…
Eine interessante Koinzidenz: Ein Beitrag der Filmwoche über die Künstlerin Sibylle Neff trug den Titel „Nicht für die Liebe geboren“, der hier zu besprechende Film über geistig behinderte Menschen lautet: „Aber unsere liebe nicht“.
Neff erklärt in einer Interviewszene, sie habe niemals in ihrem Leben einen Liebesbrief erhalten – Bambergs Film zeigt eine Szene, in der Sylvia, die zur sprachlichen Artikulation kaum fähig ist, ihrem Freund eine Postkarte schreiben läßt: „… drei dicke Küsse, Deine Sylvia.“
Konstanze Bambergs Film zeigt, wie sich gängige Parameter von Normalität und ihrem Gegenteil durcheinanderwirbeln Iassen – und geht dabei zugleich ein weitestgehend tabuisiertes Thema äußerst sensibel an. Indem sie „Behinderte“ – insbesondere in Sachen der liebe selbst zu Wort kommen läßt, wollte sie ein gemeinsames Schnittfeld von Behinderten und Nicht-Behinderten transparent machen, nicht so sehr als Beweisführung irgendeiner ‚Normalität‘, sondern aus einem nichtpädagogischen Interesse, dem nachzugehen, was ‚Liebe‘ für Behinderte bedeutet. Der Film zeigt es, sein Titel sagt es.
Aus dem entspannten Gespräch sprach eine allgemeine Akzeptanz des Films und ein besonderes Interesse für die Protagonisten.
Wie sind die drei Protraitieren mit der Drehsituation und der zunehmend dichter werdenden lntimität klargekommen? Sylvia sei vor allem an der Technik interessiert gewesen, außerdem mit der Regisseurin schon seit Jahren freundschaftlich vertraut. Kein Problem. Heike habe glücklicherweise einen besonderen Hang zur Schauspielerei vor dem Auge der Kamera; auch hier habe es bereits zuvor eine freundschaftliche Verbundenheit gegeben. Kein Problem. Mit der sehr schüchternen Rosi habe Bamberg lange und intensive Gespräche geführt, die ihr Filmportrait möglich machten + die Wirkung des Films auf ihr Privat-Leben zeitigen konnten.
Auf die Fragen hin, worin die kaum sichtbare Behinderung Rosis und ihr Motiv, sich von Peter zu trennen, bestanden habe, intervenierte der Pädagoge Buers aus (dem Publikum nicht ganz einsehbaren) Gründen des Datenschutzes.
Dietrich Leder lobte die Kamera- und Tontechnik, die formale Stimmigkeit, die Organisation des Materials.
Prof. Armbruster lobt die elementaren, vorerst so schlichten Ebenen des Film, die sich mehr und mehr zu einem wesentlichen Gesamtbild aufgeschlossen hätten. Das Schnüren der Schuhe, die Schuhe im Geröll des Gebirgs, das Zähneputzen, die Waschungen, kurz: jene kleinen, plötzlich so bedeutsamen Gesten des Alltags. Dem Zuschauer sei es möglich gewesen, in den Film zu abzutauchen, sich einzulassen usf.
Eine Zuschauerin interessiert der möglicherweise einfachere filmische Umgang mit der Intimität von Behinderten. Sylvia: Kein Problem. Heike: Kein Problem. Rosi: Noch und noch. (Siehe oben.)
Diverse Fragen des Publikums zur Montagetechnik und zur Bedeutung der Hütte.
Ihr Anliegen, so erklärt Bemberg, sei es gewesen, die drei Frauen in übersichtlichen „Blöcken“ darzustellen; sie selbst habe sich mit „eingeschnitten“, um die Gespräche verständlicher zu gestalten. Die Bedeutung der Hütte sei eine große. Ein- auch die Filmarbeit erleichterndes ruhiges und intensives Zusammenleben mit einer kleinen Gruppe von Teilnehmern sei hier wichtig gewesen.
Was denn noch diesem auf ihren Abschluß des Kommunikationsdesignstudiums hin konzipierten Film, Gegenstand ihres Interesses sei? Bamberg möchte auf der auch zu diesem Film führenden, sozialpolitischen Spur bleiben.