Film

Lichtenhagen – 7 Tage danach
von Stefan Aust, Thilo Thielke, Bernd Jacobs, Britta Sandberg, Christina Pohl, Sandra Nettelbeck, Maria Gresz, Marcus Fischötter, Beate Schwarz
DE 1992 | 51 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 16
1992

Diskussion
Podium: Stefan Aust, Bernd Jacobs
Moderation: Dietrich Leder
Protokoll: Lothar Leininger

Protokoll

Wie einmal Stefan Aust zu Duisburg den ewig gestrigen und womöglich linken Dokumentarfilmfetischisten eine Lektion erteile oder
Wieso Gewalt an sich langweilig ist.

Der gute Journalist überlegt sich nicht, was er mit seinen Bildern erreichen will. Er führt die Realität nur vor oder bildet sie so (was das gleiche ist), damit die Leute begreifen, was sich da abspielt. Und wenn die Kamera natürlich jede Situation durch ihre bloße Präsenz verändert. So läßt das der Journalist den Zuschauer möglichst wenig merken. Jener ist ja auch nicht blöde, weswegen es wenig nützt, ihm mit erhobenen Zeigefinger zu kommen. Liefert man ihm auf der Textebene Material für (un)bewußte Assoziationen, so fängt er bald von ganz alleine an zu denken. Den wesentlichen Gehalt einer Rede kann man auch mit kontrastierenden Bildmontagen auf den Punkt bringen. Leider ist der gute Journalist notwendig sarkastisch, er kann schließlich nicht täglich über das Elend der Welt rumjammern. Sicherlich kann das jemand, der an einem einzelnen Fall sich zu empören zu glauben meint, aber was sollte der dem Journalisten schon zu sagen haben. Gott sei Dank aber macht Spiegel-TV nicht nur solch aktuelle Berichte, in denen eine Woche nach Randale schon das vorläufige Ende diagnostiziert werden muß.

Es gab auch einige Einwände gegen diesen Schnellkurs in gutem Fernseh-Journalismus. Auch wenn es völlig altmodisch erscheinen mag. sei hier das Lamento der ewigen Quengler kurz wiedergegeben.

Die Protagonisten werden durch die Kamera erst aufgebaut,* der Schnodderton unerträglich, die Hubschrauberperspektive wenig aufschlußreich. Es wird sich erst zeigen, ob die Spiegelsendung ein vergleichbares Dokument zur Wochenschau der Pogromnacht 1938 gewesen sein wird. Seine Position sei doch klar, meint St. Aust, unter Umständen erkennt jedoch ein Spießer nicht, daß er ein Spießer ist , auch wenn ihm der Spiegel vom Spiegel selbst vorgehalten wird. Vielleicht denkt er am Ende die Linken sind doch gefährlicher, wenn er immer nur Brock- und Wackersdorf assoziiert kriegt und keiner sagt , daß es was anderes ist, nach oben oder nach unten zu treten. Und schließlich könnte es sein, daß es deshalb bisher keinen besseren Dokumentarfilm zu Lichtenhagen gibt, weil der Spiegel schon dort war und auch die ARD an lahmen Filmen nicht mehr interessiert ist?

* Damit müsse man leben, sagt St. Aust. Fast richtig ,schreibt dazu der Protokollant etwas verspätet, davon lebt er unter anderem.