Film

Transit Levantkade
von Rosemarie Blank
DE/NL 1991 | 82 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 15
15.11.1991

Diskussion
Podium: Rosemarle Blank, Marieken Verheyen (Kamera)
Moderation: Christa Blümlinger
Protokoll: Edith Jud

Protokoll

Der s/w-Film zeigt in langen, statischen Einstellungen eine leerstehende und heruntergekommene Hafenanlage. Ghetto und Oase für Gestrandete und Lebenskünstler. Die Regisseurin verzichtet auf Interviews und lässt die Menschen sich selbst darstellen, die Kamera bleibt dabei fix und distanziert. Auf einer zweiten Ebene montiert sie Archivmaterial von 1926, das osteuropäische Emigranten auf der Zwischenstation nach Südamerika zeigt, Szenen beim Essen, ärztliche Untersuchung, gedreht im damaligen Stil, die Menschen wurden oft von einem erhöhten Kamerastandpunkt aus beobachtet. Filmischer Hauptgegenstand in der Jetztzeit ist aber der Ort selbst, das Abbröckelnde, der Zerfall und der Wind, der alles in Bewegung hält. Auf der Tonebene ergeben Originalton, Musik und Geräusche eine Dichte, die teilweise extreme Konstraste zu den ruhigen Aufnahmen bilden. . .

Am Anfang der Diskussion schilderte die Regisseurin ausführlich die Produktionsbedingungen. Zuerst lag ein Spielfilmprojekt vor, dass angesichts der tatsächlichen Bedingungen vor Ort umgewandelt wurde in eine Milchform, die nach Meinung der Filmemacherin eine Herausforderung und zugleich einen Konflickt darstellt.

Die Geldbeschaffung für dieses Projekt war von der holländischen Seite her; schwierig, bis zuerst das kleine Fernsehspiel des ZDF und später der holländische IV-Kanal VPRO mitproduzierte, der den Film jetzt nicht ausstrahlen will. Eine Brandstiftung auf dem Gelände, wobei das Produktionsbüro, unter anderem ausbrannte, war der Anlass für eine frühzeitige Räumung des Areals. Die Drehzeit war deshalb kurz, aber andererseits war das Team mit der Hausbesetzerszene bekannt, was die Dreharbeiten auch wieder erleichterte.

Ein wichtiger Punkt in der Diskussion war das Problem der Mischform, eine Diskussionsteilnehmerin war sehr berührt vom Gefühl dieser Menschen, keinen Ort zu haben, sie fand aber die dokumentarischen Szenen stärker, wie die inszenierten. Die Regisseurin wollte mit dieser Mischform an bestimmten Stellen etwas verstärken. Ein anderer Grund war, dass sie sich auf die Selbstinszenierung der Protagonistinnen einlassen wollte. wie z.B. in der Frisörszene, die eine Idee der Beteiligten war, die sogar selbst wie auf einer Bühne die Szene arrangierten, die beiden “Darsteller“ vergassen über einen Streit ihr inszeniertes Vorhaben, sodass dabei ein Stück dokumentarischer Wahrheit entstand. Ein weiterer Diskussionspunkt war die Tonmontage, zwei Auffassungen standen sich da gegenüber: soll man das historische Material mit oder ohne zusätzliche Tonebene verwenden. Die Filmemacherin verteidigte ihre Auffassung, den Ton wie ein Bild zu gebrauchen, der von ihr zugefügte Ton ist niemals synchron und will nicht illustrieren, z.B. kommen im Bild Züge an und halten, im Ton fahren sie aber weiter. Als Bruch im letzten Drittel wurde die Einführung einer holländischen Radiojournalistin, die das Problem der Zwangsarbeiter thematisierte empfunden, die Regisseure fand diese Stelle selbst problematisch, aber notwendig. Sie als Deutsche, die in den Niederlanden lebt, sah keine andere Möglichkeit dieses wichtige Thema, anders wie in dieser didaktischen Form darzustellen.