Synopse
Die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann in Duisburg-Hüttenheim: Die Kipplasterfahrerin funkt ihren Mann im Radlader an. Der Junggeselle darf endlich wieder Auto fahren und montiert ein größeres Auspuffrohr unter seinen Traumwagen. Der Betriebsrat schwelgt in Erinnerungen und pflückt vertrocknete Pfirsiche. Und drinnen kocht der Stahl.
Protokoll
Manager würden sagen, Rainer Bongart menschelt zu viel – zumindest vermutet er selbst das in einer Szene des Films, als es um seine innige Verbundenheit mit seinem Arbeitsplatz, den Hüttenwerken Krupp-Mannesmann geht. Zu Beginn der Diskussion gibt der anwesende Protagonist dem Publikum einen Eindruck, was er gemeint haben könnte: Er überreicht dem Regisseur ein selbst gestaltetes Fotoalbum als Erinnerungsstück. Schließlich hat auch er Bilder gemacht während der Dreharbeiten, nicht zuletzt von den titelgebenden Pfirsichen, die er auf dem Hüttengelände entdeckt hat.
Da trifft es sich gut, dass für Regisseur Florian Pawliczek neben der eigenartigen Schönheit der Industrielandschaft die Menschen und das Menschliche im Vordergrund stehen. Von einer „grottentiefen Skepsis der Belegschaft“, die Ružička selbst früher als junger Filmemacher bei einem ähnlichem Projekt erfahren hat, ist hier jedenfalls nicht viel zu spüren. Bongart erklärt, dass er „den jungen Leuten“ gegenüber immer sehr offen war, bemüht, sie anzuleiten, ihnen zu ihrem Rüstzeug zu verhelfen.
Und was haben die jungen Leute selbst zu sagen? Was war ihre Bilderpolitik? Die Wahl der Protagonisten habe sich beiläufig während der Besichtigungen ergeben, berichtet Pawliczek. Es ging ihnen um die Menschen, nicht darum, Fakten aneinanderzureihen. Eine Atmosphäre des Vertrauens sollte entstehen, in der die Protagonisten sich wohl fühlen. Und sie hatten sich vorgenommen, nicht so viele Fragen zu stellen, Stille auch mal länger auszuhalten. Was nicht immer geklappt habe – wenn doch, dann seien daraus die interessantesten Momente entstanden.
Natürlich gab es auch den Vorsatz, nicht so viel zu drehen. Und Nervosität: Es muss doch was passieren! Haben wir schon was? Sie hatten: 45 Stunden Material wurden es am Ende. Da arbeitete man sich dann im Schnitt so durch, berichtet Cutterin Gertrud Schweers, leitende Prinzipien habe es nicht gegeben. „Am Ende entscheidet man sich halt für gewisse Dinge und gegen gewisse Dinge.“
Es wären auch andere Filme möglich gewesen zu diesem Sujet, und mancher hätte sie sich gewünscht: Filme, die die hochtechnologischen Abläufe im Stahlwerk erklären, die sich den betrieblichen Strukturen widmen, Leiharbeit, Arbeitsschutz und den gewerkschaftlichen Widerstand thematisieren. Stattdessen steht hier die Nostalgie im Mittelpunkt, ein melancholischer Blick auf die familiäre Zusammengehörigkeit im Betrieb, auf den drohenden Verlust einer anschaubaren Arbeit.
Ein Diskutant weist auf einen schönen Zufall hin: Der Name des scheidenden Hüttenarbeiters Bongart bedeutet „Baumgarten“, welch poetische Wendung zurück zur Natur. Pfirsichbäume, Appelbäume, schwarze Maulbeerbäume und kaukasische Nuss hat Bongart schon auf dem Werksgelände entdeckt, da ist es nur folgerichtig, dass er es ist, der den dokumentarischen Leitspruch für diese Woche liefert: „Man muss nur die Augen aufmachen.“
Florian Pawliczek, Rainer Bongart v.l. © Duisburger Filmwoche, Foto: Simon Bierwald