Film

Klingenhof
von Beatrice Michel
CH 2005 | 83 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 29
05.11.2005

Diskussion
Podium: Beatrice Michel
Moderation: Werner Dütsch
Protokoll: Roman Fasching

Synopse

Der Innenhof eines Wohnquartiers hinterm Zürcher Hauptbahnhof, Mittelpunkt der Erde für viele: Für Walter mit den weißen Haaren, der immer liest, für Dani, der sich als Hausmeister ein Zubrot verdient, für Mahdi, den Kurden, der von seiner irakischen Großmutter träumt, für die Jungs und Mädchen aus aller Herren Länder, die auf den Ruinen herumturnen. Auch für die Filmemacherin und ihren Mann. Ein Heimatfilm auf 400 Quadratmetern mit wechselnden Fluchtlinien.  

Protokoll

Man konnte in der Diskussion öfters spüren, dass die Nähe des Films zum Privaten der Regisseurin, sowie zu Menschen, die ihr etwas bedeuten, noch immer mitschwingt. Diese von ihr gesuchte und gewünschte, unklare Festlegung bzw. Trennung hat unvorhergesehene Momente mit sich gebracht. Dütsch gesteht am Anfang des Gesprächs, dies sei der erste Film den er gesehen hat, bei dem die Menschen vor der Kamera die Menschen hinter der Kamera trösten.

1998 wurde von Michel ein Exposé zum Film eingereicht, offiziell eine „Langzeitstudie“, 1999 begannen die Dreharbeiten. Bis der Film fertig war, waren viele Menschen nicht mehr da. Viele der Geschichten im Exposé sind in der Zeit bis zur Fertigstellung des Films zerronnen. Natürlich wusste sie auch nicht, wie sich manche der geplanten oder gefundenen Geschichten entwickeln würden. Sie hatte Angst, dass am Ende vielleicht nichts da ist. Im Endeffekt, sagt Michel, gab es zu viele Geschichten. Die Leere, so ihr nächster Satz, sieht man, wenn man genau hinsieht.

Beatrice Michel spricht in dem Gespräch über die Schwierigkeiten, die sich durch den unerwarteten Tod des Kameramannes ergeben haben. Sie erzählt mehrere Geschichten, von vor und nach den Dreharbeiten, oft auch sehr persönlich, Anekdoten von den Dreharbeiten, Unsicherheiten, Überraschungen, teilweise unangenehme Situationen, Begegnungen. Exemplarisch: Die drei Jungs haben das Interview im Hof mit Madi so lange sabotiert, bis sie endlich einbezogen und von der Kamera aufgenommen wurden.

Mehrmals wird der Themenkomplex Nähe-Ferne angesprochen. Besonders in Verbindung mit einem Heimatbegriff, so wie er bei vielen Protagonisten des Films vorkommt, aber auch in Bezug auf Michels zahlreiche Arbeiten die vor Klingenhof im Ausland gedreht wurden.

Nur zweimal sieht man im Film Szenen, die so entstanden, wie Michel es sich ursprünglich gedacht hatte: Die Feuerwehrübung und die Dreharbeiten zum Werbespot der Post. Eigentlich nur dabei wurde, wie gewünscht und geplant, schnell die Kamera geholt und spontan losgefilmt. Auch die Szene mit dem schlafenden Mädchen vor der Türe ist ähnlich überraschend entstanden.

Das Publikum lobt im Laufe des Gesprächs mehrmals die Gelassenheit des Films sowie die Leichtigkeit der Montage.