Film

Der kleine Lärm
von Marc Helfers
DE 2001 | 38 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 25
06.11.2001

Diskussion
Podium: Marc Helfers
Moderation: Vrääth Öhner
Protokoll: Roman Fasching

Synopse

Der Transport von Lärm steht im Mittelpunkt einer Fahrt durch Deutschland. Schnell werden die Medien aufmerksam auf die kleine Reisegruppe und berichten auf ihre ureigenste Art. Politiker und Anwohner versuchen nur, in Gesprächen die Berichterstattung für sich zu nutzen. Der kleine Lärm wird zum großen Lärm.

Protokoll

Gleich am Anfang der Diskussion konstatiert Marc Helfers, dass ja schon im Film so viel diskutiert wurde.

Das SAT1 Team im Film war nicht bestellt – anfangs zumindest. Woher die von der Aktion wussten? Keine Ahnung; das zu beantworten, “dafür bin ich ja nicht hier.”

Wohl erklärt er, wie er zufällig über einen der Protagonisten (Gerd Zink, der Redefreudige, hauptberuflich Schauspieler) mit den Sportsfreunden in Kontakt kam und nach drei Stunden selbst durch und durch Sportsfreund war. Das Video war eigentlich nicht geplant.

Im Zuge der Aktion gab es zunehmend “Kuhhandel” mit der Presse. So wurde der HR zum Beispiel – hier bringt Helfers das Wort nicht gleich raus – instruier…instrumentalisiert, um herauszufinden wo der hessische Ministerpräsident Koch wohnt. Dafür wurde dann im Gegenzug ein gemeinsamer Drehtermin für die geplante Aktion ausgemacht. Da wurde dann auch dick aufgetragen.

Helfers bestreitet, dass durch die zahlreichen Inserts, abgebrochenen Gespräche, nicht ausgearbeiteten Momente im Video, die Aussage Protest ist cool entsteht. Er will nicht cool sein. Es wurde über 20 Jahre geredet, und plötzlich müssen 8000 Menschen wegen dem Flughafen umziehen. Die Vereinfachung der Sache war wichtig, weil sie aus der Sicht der Aktionisten auch einfach ist. Deswegen sieht er keinen Grund sich zu verstellen, betont, dass Gefühl wichtig ist. “Wir sind wie wir sind, auch polemisch.”

Bestätigend meint Öhner, die Dokumentarqualität, dass etwas sichtbar wird, bricht im Film ja auch tatsächlich auf, und erläutert Funktionsweisen und Instrumentalisierungen im Film. Helfers bejaht und lädt zu Fragen aus dem Publikum ein.

Werner Ruzicka erwähnt den gelungenen, ironischen Gut-Böse Antagonismus am Anfang des Filmes. Es ist gut, dass Zink Schauspieler ist, dadurch kann er in den diversen Situationen viele Politiker (auch Schauspieler) absolut in die Enge treiben. Der Pathos der Zufälligkeit und der Pathos der Geplantheit treffen aufeinander und es bleibt eine “offen bleibende Wutwunde.”

Der Film ist chronologisch, Zinks Wutausbruch am Ende ist echt. Vor der Szene, so Helfers, hat Zink sich selbst Regieanweisungen gegeben. Man kann auch mit schauspielerischen Mitteln protestieren. Helfers hat durch die Aktion und den Film gelernt, dass man sich oft selbst lähmt, und dadurch kommt es zu nichts. Acht Leute haben gereicht, um Chaos anzurichten, 600 Polizisten und viele Medien zu beschäftigen. Es war auch lohnend, und Helfers würde es jedem jungen Menschen raten, sowas zu tun.

Publikumsfrage: Was bleibt letzten Endes über; politisch und filmisch? Helfers zeigt sich bewusst, dass die Aktion politisch scheitert. Er fügt die Frage an, was man da sagen soll, und beantwortet sie selbst: “Wir haben zurückgeschrien. Fertig, aus.” Vrääth Öhner fügt hinzu, dass die Frage “Was bringt’s?” das Politische auf Parlamentarismus reduziert.

Dass sein Video zu der Aktion kein Film ist, weiß Helfers. Aber er bekundet das Vorhaben, einen “eher dokumentarischen” Film zu der Thematik machen zu wollen. Dabei will er sich mehr auf Menschen, deren Motivationen, deren Idealismus konzentrieren, und auch historisch arbeiten.

Die Warnung, mit so einem Film komme man nicht ins Fernsehen, nimmt Helfers gelassen auf. Der ORB hat das Video gerade gekauft. Ruzicka hält es für möglich, dass der ORB den Film kauft, um Guerilla-Taktik gegen den HR zu machen. Dadurch ergibt sich für Filmemacher die Chance, Inhalte dieser Art auch im Fernsehen durchsickern zu lassen.

Publikumsfrage: Wie stellt er sich mit so einem Film ein Weiterkommen im Fernsehen vor? Ob und wie er im Fernsehen weiterkommen kann, darüber hat er noch nicht nachgedacht. Andere Projekte haben allerdings auch nicht so eine Spontanität und Emotionalität. Er hofft, dass er noch öfter Wochen dieser Art erleben wird, und dass er immer mit der Kamera dabei ist. DER KLEINE LÄRM ist ein 1-Mann Film, Video gibt einem die Freiheit für so einen Film.

Spontan übernimmt Helfers zu später Stunde das Schlußwort: “‘Faust gen Himmel’, ist doch auch ganz gut.”

Kurzer Film, eine handvoll thekenlehnende Diskutanten, kleiner Lärm.