Film

Am Rand
von Thomas Arslan
DE 1991 | 24 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 15
16.11.1991

Diskussion
Podium: Thomas Arslan
Moderation: Dietrich Leder
Protokoll: Judith Klinger

Protokoll

AM RAND ist das Ergebnis eines Produktionsseminars an der DFFB, das von Peter Nestler betreut wurde – daher auch die Danksagung am Ende des Films. Ursprünglich sei eine Gruppenproduktion geplant gewesen, erzählte Thomas Arslan, am Schluß des Seminars standen jedoch drei einzelne Filme. Die Zusammenarbeit mit Nestler sei sehr positiv verlaufen, gekennzeichnet eher durch zurückhaltendes Beobachten denn durch aktives Eingreifen des Betreuers.

Hier anschließend fragte Werner Ruzicka, ob ein struktureller Vergleich der Bewegungen durch den Raum, die in Nestlers Film spiralförmig verlaufe, möglich sei, ob für AM RAND Entscheidungen über eine Bewegungsachse‚ getroffen wurden. Er habe Orte gewählt, die einerseits die Großstadt noch ahnen, sich andererseits auf einen Nord/Süd-Verlauf hin ordnen ließen, erläuterte Thomas Arslan. Die Strecke reiche etwa von Treptow bis Wilhelmsruh, Auslassungen bestimmten sich dabei auch aus der „Geschwätzigkeit“ gewisser Orte (des Checkpoint Charlie beispielsweise). Über den Titel sagte Arslan, nicht der Mauerstreifen solle hier als erstes in den Blick genommen werden sondern ein Stadtrand, der sich mitten durch die Stadt ziehe. Er habe früher eigentlich keine besondere Faszination der Mauer verspürt, die gezeigten Orte habe er durch Spaziergänge kennengelernt: Es ging daher nicht nur um die Absurdität und Häßlichkeit dieser Gegenden, auch das provisorisch-ungeformte, das ein solches Spazieren erlaubt, ist Gegenstand der Betrachtung.

Dietrich Leder verwies auf die historische Dimension der Frage nach einem Zentrum, die der Film stelle, beschrieb die Absurdität einer „Peripherie, die im Zentrum liegt“. AM RAND halte Gewesenes genauer fast als Dokumente der Mauer-Zeit, zeige einen bereits wieder verschwundenen Zustand der offenen Verletzungen einer Stadt, die inzwischen ‚weggeschminkt‘ werden. Arslan bestätigte dies, ein Teil seiner Drehorte sei begrünt und asphaltiert worden.

Werner Ruzicka beschrieb die Filmbilder als ‚photographische Blicke mit Elementen von Bewegtheit‘, ein anderer Zuschauer fragte nach dem Auswahlmodus – ob die Menschenleere etwa bewußt gesucht worden sei. Dies sei ein leerer Bereich, erklärte Thomas Arslan, er habe oft auf kleine Bewegungen (der Passanten oder Bauarbeiter) gewartet. Mit seltenen Variationen oder Naheinstellungen eines Motivs (wie des Flutlichtmasts) habe er den gleichförmigen Tableau-Rhythmus bewußt stören wollen; grundsätzlich ginge‚ es jedoch um die ‚Betrachtung der Räume in größeren Einheiten, die sich in der Abfolge von Totalen spiegele.

Von zwei Zuschauern wurde zuletzt die ‚Gefahr der Beliebigkeit‘ der Bilder angesprochen, die sich aus dem Fehlen eines Kommentars bzw. der klaren Lokalisierung gezeigter Orte ergeben könnte. Er habe eine Zeit lang überlegt, Kartenteile in den Film einzubauen, sich dann jedoch dagegen entschieden, erklärte Thomas Arslan. Die Offenheit der Bilder für Ahnungen und Assoziationen sei ihm letztlich wichtiger als eine klare Festlegung auf die Mauer-Thematik, er widersetze sich auch dem ‚Zwang zur Vollständigkeit‘. Ein Interesse sei auch in Unkenntnis der genauen Topographie möglich, etwa über die Beobachtung einer nicht einheitlichen Stadtstruktur. Dietrich Leder unterstützte dies, indem er sich für Filme aussprach, die ‚porös‘ sind, dem Betrachter Chancen lassen.