Protokoll
Die einzelnen Magazine stellten sich jeweils mit einem oder mehreren Beiträgen vor, anschließend wurden allgemeine Informationsfragen beantwortet. Erst danach begann die eigentliche Diskussion. Das Protokoll folgt diesem Verlauf.
EXTRA-DREI
NDR/Nordkette jeden Freitag 20.15 – 20.45 Uhr
Gezeigte Beispiele: Der tägliche Pendler zwischen Berlin und Niedersachsen/ Verhinderte Paßausstellung für eine Deutsche/ Sprachregelung bei Behördenerlaß
Rudolf Lauschke: Die gezeigten Beispiele seien in ihrer Ironie nicht typisch für alle Beiträge von Extra Drei; es gäbe auch Sachlicheres, doch der vorgestellten Form gehöre ihre Liebe. Die Beiträge sollten zumindest mit einem Gag daherkommen, allerdings ohne das Politische zu vernachlässigen. Ihre Sendung sei weitgehend auf Verbales und Wortwitz angewiesen, filmisch könnten sie die Dinge nicht immer so umsetzen, wie sie gerne wollten, da sie lediglich mit einem kleinen Etat und begrenzter redaktioneller Ausstattung versehen seien. Sie würden als Schnorrer der ARD gelten, da sie immer wieder auf Material von anderen Sendern zurückgreifen müßten. Ungünstig sei ihr Sendetermin; ihre Einschaltquote läge bei 4% (ca. 240 000 Zuschauer}, bei der früheren Ausstrahlung am Dienstag bzw. Mittwoch hätten sie bessere Quoten gehabt. Gegen die freitägliche Spielfilmkonkurrenz auf anderen Kanälen sei kaum zu bestehen.
Janke: Profitiere Extra Drei vom durch die privaten Anbieter gesetzten Trend zur Unterhaltsamkeit? Lauschke antwortete mit einem klaren Nein. Sie hätten ihre spezifische Form schon immer so gefüllt; ihr primäres Anliegen sei es, sich keiner Form von Obrigkeit unterzuordnen.
MONITOR
WDR/ARD alle fünf Wochen Dienstag 21.00- 21.45 Uhr
Gezeigtes Beispiel: Unterdrückung von Studien zur Schädlichkeit von Aspirin
Janke: Wohl kein anderes Magazin weise eine solch ausgeprägte politische Programmatik auf wie Monitor, das dafür auch schon mit diversen Preisen ausgezeichnet worden sei. Auf welcher Position stünde es im Augenblick?
Thebrath wollte keine allgemeine Standortbestimmung abliefern: Die Redaktion bestünde aus sechs Personen mit sechs Standpunkten – und gerade in dieser Unterschiedlichkeit liege auch eine Stärke. Ihr generelles Anliegen sei es, Sachverhalte aufzuklären, die Wirtschaft und Politiker lieber unter’m Tisch halten würden.
Monitor sei keine Sendung für eine eingeschworene Gemeinde, eine Korrespondenz zwischen Zuschauer-Erwartungen und Magazin-Inhalten wie bei Löwenthais ZDF- Magazin fände er tödlich.
Ihre Redaktion würde viel Mühe auf Formgedanken verwenden sich an Satire, literarischen Texten und Inszeniertem ausprobieren. Das aus dem eigenen Haus kommende ZAK sei da ein guter Stachel, obgleich man sich von dieser anderen Form des Journalismus auch abgrenzen könne.
Ein großes Problem sei durch den seltenen Sendetermin gegeben: durch die Pflicht zur aktuellen Berichterstattung entfalle dabei manches Thema, zu dem längere Vorarbeiten nötig gewesen seien.
Durch die Konkurrenz der Privaten habe es zwar Verluste bei den Einschaltquoten gegeben (teilweise eine Reduktion um 50%), dennoch glaube er, daß Magazine wie Monitor Bestand hätten.
PANORAMA
NDR/ARD alle fünf Wochen Dienstag 21.00 – 21.45 Uhr
Gezeigte Beispiele: Prädikatisierung von „Rambo III“/ Veränderung der Mitgliederstruktur der IG Metall und ihre Folgen
Janke: Der gezeigte Gewerkschaftsbeitrag sei geprägt von einer Verlegenheit der Bilder, die ohne rechten Aufschluß seien. Panorama scheine sich inzwischen als Konkurrenz zu Spiegel, Stern etc. zu verstehen, mit der primären Tendenz, „News“ präsentieren zu wollen, die andertags von der Presse nachgedruckt würden. So würden die Beiträge kopf- und wortlastig, das Prinzip der filmischen Reportage trete in den Hintergrund.
Landgraeber: Dazu würden in der Redaktion unterschiedliche Meinungen existieren. Der allgemeine Nenner sei jedoch schon der, einerseits exklusive Neuigkeiten zu präsentieren, andererseits ein Thema breiter als durch andere Publikationen erfolgt zu recherchieren.
Janke warf die Frage auf, ob Journalisten immer über genügend Sachverstand verfügten, um – gerade bei komplexer Materie – jeweils die richtigen Fragen zu stellen. Landgraeber: Natürlich nicht durchgängig; bei entsprechenden Fällen käme bei ihnen der Fach- und Sachverstand dann von außen, entstünde eine Kompetenz- Synthese von Macher- und Sachverstand. Dennoch hinterbleibe immer wieder ein Gefühl des Mangels, gerade auch aufgrund des schnellen Journalismus‘: ob man denn tatsächlich die richtigen Fragen und genügend gestellt hätte.
Haberbusch: Probleme gäbe es gelegentlich auch hinsichtlich der Solidarität mit den Betroffenen, der man nicht genügend nachkommen könne, gerade weil man sich zum Ausgleich der Kumpanei bestimmter Journalisten mit Politikern der Gegenseite verpflichtet fühle.
Landgraeber: Nach wie vor meine er, daß Fernseh-Magazine eine Gegenöffentlichkeit schaffen sollten.
SPIEGEL-TV
RTL/ jeden Sonntag 21.50- 22.15 Uhr
Gezeigtes Beispiel: Polizeitaktik und -übergriffe IWF-Tagung Berlin
Aust verwies eingangs ausdrücklich darauf, daß das „Nachrichten-Magazin“ nicht Teil von RTLplus sei, sondern Untermieter auf dem von DCTP Alexander Kluge zur Verfügung gestelltem Sendeplatz.
Auf Jankes Frage, ob er sich bei einem privaten Sender wohler fühle als früher beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen, äußerte Aust: Beim Spiegel-TV könne er der Arbeit nachgehen, die er am liebsten machen würde. Das Magazin unterläge keiner Kontrolle. er müsse auf keine Themen-Vorschläge eingehen, es fände· keine Abnahme der Sendung statt – sie könnten tun, was sie wollten und sich zutrauten. Ein Vorteil sei der wöchentliche Sendetermin, so könnten sie schnell auf Ereignisse reagieren und durch die relative Menge an Sendezeit ein breites Spektrum an Themen bedienen.
Ihr Anliegen sei es, konsequente Fernsehreportagen zu produzieren; tauge ein Thema nur schlecht zur filmischen Umsetzung, dann solle es besser Der Spiegel behandeln. Insofern würde er auch lieber vom Medienverbund reden und nicht, wie haufig üblich, vom Verleger-Fernsehen; es gäbe zwar eine sporadische Kooperation mit dem Spiegel, aber seine Bedingung zur Obernahme der Sendung sei ganz klar gewesen, daß er nicht der Chefredaktion des Spiegels unterstellt würde, sondern lediglich der Geschäftsführung.
Er glaube an die Zukunft der politischen Magazine – international gesehen würden sie hohe Zuschauerzahlen aufweisen. Beispielsweise habe das „Nachrichten-Magazin“ bei einer RTLplus-Reichweite von 25 % der Zuschauer bereits 1 Million Seher; während des zweiten Jahres will er die 2-Millionen-Grenze erreichen.
ZAK
WDR III/ jeden Freitag 21.45 – 22.30 Uhr
Gezeigtes Beispiel: Ein Trailer mit ausgewählten Beiträgen
ZAK sei ein politisches Magazin, das nach eigenen Formen suche; die Mitarbeiter kämen aus dem Bereich politische Information und wollten politische Inhalte auf neue Weise vermitteln darüber auch neue Zuschauer gewinnen, insbesondere jüngere. Die Mehrheit der üblichen Magazin-Zuschauer sei über 50 Jahre alt; Untersuchungen über die Altersgruppen der ZAK-Seher lägen noch nicht vor, doch die eingehende Post signalisiere, daß auch 17–30jährige die Sendung sähen.
Janke: ZAK erinnere ihn an eine Wundertüte – eine Sendung mit harten politischen Inhalten in spritziger Form. Gehe man da nicht auf eine falsche Art mit den Stoffen um, betreibe man nicht den Ausverkauf der Inhalte?
Bethge/Berger: Man habe schon eine andere Haltung zu Inhalten, zur Politik und zum Zuschauer als andere Magazine; so wolle man nicht mit der Haltung des Besserwissenden daherkommen. Gleichwohl sei der eingeschlagene Weg gefährlich, weil eine Gratwanderung. Doch dieses Risiko sei nötig, käme eigentlich viel zu spät, da man auf die Anmache durch die Privaten nicht rechtzeitig reagiert habe.
ZAK sei ein Unikat und nirgends abgekupfert. So lebe es auch durch die neue Qualität, eine Ausstrahlung auf andere Sendungen sei durchaus erwünscht. Jede seriöse Tageszeitung würde sich auch des Mittels der Satire bedienen – warum könne sich nicht z.B. die Tagesschau das gleiche leisten?
Landgraeber auf die Frage, ob sich die anderen Magazine durch ZAK provoziert fühlten: Monitor (dem er bis vor kurzem angehört hatte) ginge bereits seit einiger Zeit einen ähnlichen Weg, etwa durch satirische Beiträge oder die Minis am Ende der Sendung.
Haberbusch: Auch Panorama würde ständig die eigene Form hinterfragen, bis hin zur Moderation; allerdings seien für die gestalterische Ausstattung finanzielle Grenzen gesetzt.
Thebrath: Bei jedem Bäcker gäbe es unterschiedliche Brotsorten – Monitor würde eben Schwarzbrot backen. Monitor sei das eine Angebot, ZAK ein anderes, doch die Stachel-Funktion von ZAK begrüße er.
Die allgemeine Magazin-übergreifende Debatte fand trotz der Aufforderung des Moderators ans Publikum, sich einzuklinken, fast ausschließlich auf dem Podium statt. „Von unten“ wurde noch einmal das weitgehende Fehlen von wirklichen Reportagen zu finanzieren oder entsprechend geeignete Mitarbeiter bezahlen zu können. Stefan Aust äußerte dafür nur Unverständnis: die Redaktionen seien doch voll von Leuten…
Ein weiterer Fragenkomplex wurde nur sehr knapp gestriffen: das Problem der „Magazinitis“, der Komprimierung von umfassenden Inhalten auf wenige Minuten, das Häppchenweise von Weltverständnis, Weltaufarbeitung.
Vieles sei eben sperrig, spröde, entziehe sich der Bildhaftigkeit – das könne schon zu problematischen Vergröberungen führen.
Aust: Bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten hätten Verkrustungen personeller, formaler und inhaltlicher Art stattgefunden; so sei Panorama wortorientiert, erst anschließend fände eine Bebilderung der Beiträge statt. Das „Nachrichten-Magazin“ böte da ein breites Spektrum an Möglichkeiten: vom 1-Minuten-Beitrag bis hin zur Schwerpunktsendung. Die von ZAK ausgehenden Impulse fände er gut, auch wenn der mit der ‚Tempoisierung‘ von Fernsehen Schwierigkeiten habe.
Landgraeber: Seiner Meinung nach sollten Magazine durchmischt sein mit Hintergrundberichten, News und Reportagen.
Der Moderator Hans Janke beendete an dieser Stelle das Gespräch, da trotz wiederholter Aufforderung kein Dialog zwischen Publikum und Podium zustande gekommen war.