Film

Briefe aus Wiwili
von MW Freiburg
DE 1987 | 45 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 11
14.11.1987

Diskussion
Podium: Bertram Rotermund
Moderation: Elfriede Schmitt
Protokoll: Toni Weber

Protokoll

Im Gegensatz zum Film der Medienwerkstatt Freiburg am Donnerstag, der unterschiedlichste Mittel verwendet, eine reichhaltige Form gehabt habe, sei dieser karg, meinte Elfriede Schmitt. Diese Sicht des Films bestätigte Bertram Rotermund. Er habe sich bewußt auf wenige Mittel beschränkt, weil er den Film auf den Inhalt der Briefe habe verdichten wollen. Zudem sei er lediglich zwei Monate in Nicaragua gewesen, so daß er nur einen oberflächlichen Eindruck hätte wiedergeben können. Aber er habe darauf vertraut, daß die Briefe eine Struktur ergeben.

Nur gerade wie die Briefe vorgelesen werden, kritisierte Elfriede Schmitt. Sie hätte sich im Ton mehr Distanz gewünscht, denn so habe sie sich zum einen belehrt gefühlt, zum anderen habe sie den Eindruck gehabt, daß der pathetische Charakter Solidarität verstärken soll. Ihr sei deshalb der Inhalt der Briefe überhaupt nicht ans Herz gegangen. Obzwar er ausgewählt habe, aber keinesfalls gegen den Strich, könne er, Bertram Rotermund, nur betonen, daß der Inhalt der Briefe so sei. Die Art der Briefe offensichtlich bestimmt sei durch die längere Anwesenheit der Schreiber in Nicaragua. Was die Sprecher, die er ausgewählt habe, betreffe, so habe er hierauf bislang sehr unterschiedliche Reaktionen vernommen, er habe keine einheitliche Haltung erfahren können.

Hierauf wurde der Umgang mit den Briefen verschiedenst kommentiert. Es wurde bezweifelt, daß die Briefe generell so unpersönlich gehalten seien, sondern daß die Auswahl den pathetischen Ton in den Briefen verstärke. Wegen diesem Charakter der Briefe wurde gefordert, daß die Filmemacher ihre eigene Haltung im Film hätten stärker betonen sollen. Und es wurde dem Eindruck widersprochen, daß die Briefinhalte die bemängelte Wirkung hinterließen; vielmehr sei es der Tod der beiden Briefschreiber, der den Zuschauer dermaßen einnehme. Diesen im Film nicht in Vordergrund gerückt zu haben, wurde dem Filmemacher hoch angerechnet.

Die Intention des Films sei auch nicht diese gewesen, einen Film über die Toten zu machen, wurde der letztgenannte Eindruck bestärkt. Bertram Rotermund beanspruchte, einen Film gemacht zu haben, über die Identität derjenigen, die längere Zeit in Nicaragua verbracht haben. Daher sei im Film auch Bezug genommen auf das Erleben und ihre Arbeitssituation in der BRD und in Nicaragua. Er habe keinen Film machen wollen über Nicaragua im Strickmuster vor der Revolution und nach der Befreiung. So habe er in seinem Film nicht das Einschußloch im letzten Brief von Bernd eingebracht.

Die Einsprache der Übersetzung begründet er damit, daß er im Zwiespalt stand, zum einen keine Untertitelung machen zu können, weil bei Vorführungen mit bis zu 50 Leuten auf dem Monitor diese nicht mehr erkennbar sei. Und zum anderen habe er die Übersetzung so anlegen wollen, daß man weitesgehend den Orginalstimmen zuhören kann.

Ein Zuschauer zeigte sich verwundert über die Hahnenkampf-Szene. Für ihn war nicht ganz verständlich, was sie zum Ausdruck bringen solle. Für Bertram Rotermund hat diese Szene einen Bezug zu der Charakterisierung Bernds von Wiwili als Wildwest-Stadt und soll zeigen, daß die Leute naturverbunden sind; für sie das Einreiten der Pferde ein ständiges Gesprächsthema sei. Das Video, das im Film zu sehen ist, ist ein spanisch untertitelter US-Film. Diese Veranstaltungen seien bei den Bewohnern von Wiwili sehr beliebt.

Die kritische Beobachtung, daß der Film die Bilder als Illustrierungen der zitierten Briefstellen verwende, wertete Bertram Rotermund anders. Den größten Teil der Briefe kannte er vor Beginn der Dreharbeiten und hatte danach ein Konzept erstellt, das getragen war von den Briefen unter Verzicht auf Kommentar, dessen Funktion nun teilweise die Briefe einnehmen. Vorgehabt habe er, der Frage nachzugehen, was die Konstitution der Europäer in Nicaragua sei, wie ihr Alltag aussehe. Zudem habe er für Freiburg Eindrücke aus dem Wasserprojekt zeigen wollen.

Gelobt wurde allseitig das unspektakuläre Herangehen und die Begrenzung auf die Briefe. Auch wenn es in einem spezifischen Sinn sein Film über Nicaragua sei, so biete er doch einen guten Einstieg.

Zum Ende der Diskussion bekundete Bertram Rotermund seine Verwunderung darüber, daß in der Diskussion das Verhältnis zum Militär oder der Schluß des Films, die Rummelplatz-Bilder, nicht thematisiert worden seien.