Film

Matte Wetter – Arbeit unter Tage
von Werner Ružička, Theo Janßen
DE 1981 | 64 Min.

Screening
Duisburger Filmwoche 5
1981

Diskussion
Podium: Werner Ružička, Theo Janßen
Moderation: Wilhelm Roth
Protokoll: Fritz Iversen

Protokoll

Nach herzlichem Beifall für die Filmemacher, aber auch für die am Film Mitwirkendem die bei der Vorführung des Films anwesend waren, erklärte Christoph Hübner zunächst den Status des Films als Teil eines Zyklus. Es handele sich bei Matte Wetter um den vierten Teil einer fünfteiligen Reihe von Filmen, die sich mit dem Leben in Bottrop-Ebel und der Arbeit auf der Zeche Prosper beschäftige.

Die Filme gehören so eng zusammen, daß sie nach ihrer Fertigstellung auch als Zyklus gezeigt werden sollen. Der fünfte Teil wird im Frühjahr 82 fertig sein, Die in diesem Film wenig gezeigten Lebensräume der Bergleute, ihre Familien und ihre Wohnungen, sind Themen anderer Teile des Zyklus und kommen dort vor. Allerdings haben die Filmemacher die Erfahrung gemacht, daß die Ebeler ihre Häuser als einen Privatbereich auffassen und nicht ohne weiteres einsehen, wieso dieser Privatbereich durch die Filme öffentlich werden soll, während das Drehen an öffentlichen Treffpunkten und die Aufnahmen an der Arbeitsstelle bereitwillig unterstützt und gefördert wurden. Die Filmemacher haben diese Haltung akzeptiert und auf jedes zudringliche oder ungestattete Eindringen in den Privatbereich der Bergleute verzichtet. Das Verwenden von Großaufnahmen bei den meisten Interviews hängt aber auch mit dem Einsatz von Video zusammen. – Die Aufnahmen unter Tage mußten in vieler Hinsicht sorgfältig vorbereitet werden.

Zunächst war eine lange Überzeugungsarbeit gegenüber der Bergwerksdirektion notwendig, um eine Dreherlaubnis zu erlangen. Sodann waren sicherheitstechnische Auflagen zu erfüllen, die es unmöglich machten, mit der gewohnten Aufnahmeapparatur zu drehen. Beispielsweise war die Verwendung von Synchronton nicht möglich, die Szenen unter Tage sind deshalb alle nachsynchronisiert. Es ergab sich für die Dokumentaristen außerdem die Notwendigkeit, sich vor Drehbeginn einige Wochen unter Tage aufzuhalten, zu beobachten und auch mitzuarbeiten, um ein Verständnis für die Arbeit der Bergleute zu erwerben. Mit der dadurch erworbenen Haltung war es den Filmemachern möglich, mit den lediglich drei erlaubten Drehtagen auszukommen.

Die Filmemacher haben sich in diesem Teil des Zyklus vorgenommen, den besonderen Charakter der Bergmanns Arbeit einzufangen und zu vermitteln. Schwerpunkt war, die qualifizierte Arbeit der Bergleute zu zeigen, sie als Handwerk darzustellen, dass besondere Anforderungen an die Menschen stellt. Zugleich sollte anklingen und erkennbar werden, wie sich diese Arbeit historisch durch die Geschichte des Bergbaus und seiner Fahrradtechniken verändert hat. Zu Gunsten der Darstellung von Atmosphäre und Charakter unterblieb es, den Zuschauer mit weiteren Informationen die man aus anderen Quellen (Bücher) hätte schöpfen können, dienlich zu sein. Daß in diesem Sinne der Film die Arbeit der Bergleute realistisch wiedergebe , Wurde von anwesenden und im Bergbau erfahrenen Zuschauern und zweideutig bestätigt. Ein Zuschauer, der – von der Düsseldorfer Bergbaumesse dieses Jahres kommen – die Überlegung ein wandte, die Filmemacher hätten das Glück gehabt, auf einer ausnahmsweise noch weiter gefährden, völlig veralteten Zeche drehen zu können, musste sich dahingehend belehren lassen, daß die technische Ausstattung der Zeche Prosper gerade eineinhalb Jahre alt ist und dem als modernen angesehenen Stand der Bergbautechnik entspricht. Dennoch war es nicht die Absicht des Films, einen repräsentativen Ausschnitt der Wirklichkeit zu dokumentieren oder einen Ausschnitt der Wirklichkeit durch Hinzufügen von weiteren Information dem Durchschnitt entsprechend zu gestalten.

Es waren einige Zuschauer, die das Fehlen des ökonomischen Hintergrund der Arbeit kritisierten. Weder sein die Lohn formen, die im Bergbau gelten, dargestellt und erwartet worden nach sei die Rolle der Gewerkschaft und die Arbeit dieser Interessenvertretung berücksichtigt geworden. Die Unzulänglichkeit der Behandlung der Ökonomie wurde auch daran fest gemacht, daß zwar im Film davon gesprochen werde, daß die Maschine der Kohlehobel, die Schichtleistung und den Arbeitsrhythmus bestimmt, es aber außer acht gelassen worden sei, welche ökonomischen Interessen die Einführung des Vogels herbeigeführt haben und wir über den Einsatz des Hobels wacht.

Auf diese Einwände erwiderten die Filmemacher, daß das Einbeziehen der ökonomischen Zusammenhänge das Erreichen der eigentlichen Ziele des Films gestört hätte, Die Ästhetik des Films, die keine Informationsästhetik ist, wäre dadurch aus dem Gleichgewicht geraten, möglicherweise so weit verschwundern, daß die Zuschauer das, was den Filmemachern wesentlich war, gar nicht mehr so aufgenommen hätten. – Es kam die Frage auf, warum der Film in Schwarz-Weiß gefilmt worden und nicht Farbmaterial verwendet worden sei. Nach Meinung eines Zuschauers aus Ebel hätten farbige Bi]der viele Fragen beantworten können, die man noch an den untersuchten Wirklichkeitsausschnitt stellen könnte. Die Antwort war, daß das Schwarz-Weiß-Material in allen Teilen des Zyklus verwendet worden sei, weil es billiger und – sehr wichtig für die Dokumentarfilmer – lichtempfindlicher ist. Darüberhinaus spielte für die Filmemacher bei der Festlegung auf Schwarz-Weiß die ästhetische Überlegung eine Rolle, daß die Verwendung von S-W-Material die Einheitlichkeit der Filme und des Zyklus fördere; Farbmaterial würde wegen der verschiedenen und unterschiedlichen Drehorte eine Buntheit ergeben. Allerdings kommen im fünften Teil des Zyklus auf Anregung und Wunsch der Ebeler auch farbige Filmteile vor. In diesem Zusammenhang wiesen die Filmer noch daraufhin, daß es für die Entstehung der Filme sehr wichtig gewesen sei, daß sich aus der ständigen Anwesenheit der Filmemacher seit über zwei Jahren eine direkte Diskussion mit den Ebelern über die Filme ergeben habe, wobei es eben der Zyklus, also die Weiterarbeit nach Fertigstellung eines Films, ermöglicht habe, Kritik und Vorschläge der Ebeler in den Filmen praktisch umzusetzen, Dieses gemeinsame „Auskochen“ der Filme hat es den Ebelern erlaubt, sich in den bisherigen Filmen, mit Ausnahme des ersten, mit dem sie sehr unzufrieden waren, tatsächlich wiederzuerkennen. Einem Zuschauer war aufgefallen, daß der Film nur sehr wenig Konfliktstoffe oder -fälle aus dem Arbeitsleben der Bergleute einbezogen hat, und zwar so weit, daß sich schließlich im ganzen der Eindruck eines sehr harmonischen Ausschnittes aus der Wirklichkeit ergeben hätte. Einer der im Film Mitwirkenden antwortete darauf, daß es selbstverständlich – wie überall – solche Konflikte gäbe, die man aber unter sich und mit Hilfe der Gewerkschaft oder des Betriebsrats lösen würde. Tatsächlich habe der Ärger am Arbeitsplatz ebenso wie das Auftreten von Unfällen abgenommen. Dem Filmemacher Christoph Hübner schien diese Darstellung des Arbeitslebens allerdings dann doch zu harmonisierend